Original oder vegetarisch? Aber – eine echte, originale, vegetarische Salsa Bolognese gibt es nicht!
Ich suche nach den Wurzeln der echten, orginalen Salsa Bolognese. Hierzulande finde ich unter dieser Bezeichnung Rezepte, die mit Saurem Rahm, Milch, als tomatenlastige Saucen und mit Hackfleisch zubereitet werden. Sogar in meinen Kochbüchern von bekannten Köchen, die sich auf traditionelle italienische Küche berufen, finde ich lediglich einfache Hackfleischsaucen wie zum Beispiel „Einfache Fleischsauce“ oder „Fleischsugo mit Milch“.
Irgend etwas störte mich daran schon immer. Weil mich diese Hackfleischsaucen an das Schweizer Traditions-Rezept „Ghackets mit Hörnli“ erinnern.
Ich habe einmal gelernt, dass die Namensbezeichnung bei Speisen IMMER eine bestimmte Art der Zubereitung bedeutet. Und wenn du diese Art veränderst, dann darfst du die Bezeichnung nicht mehr benutzen. Es ist wie ein Copyright. Zum Beispiel „Saltimbocca“. Das bedeutet immer ein Kalbsschnitzel mit Rohschinken und dem Salbeiblatt obendrauf. Wenn du das veränderst, ist es nicht mehr Saltimbocca. Wienerschnitzel ist immer das dünn geklopfte, trotzdem saftige, panierte Kalbsschnitzel, das grösser ist als der Teller selbst. Alles andere darf nicht als Wienerschnitzel bezeichnet werden. Und das ist auch bei „Bolognese“ so. So weit – so gut.
Ich suche das Orginalrezept. Warum? Ich möchte meine persönliche MILCHfreie, vegetarische Version einer Salsa Bolognese kreieren. Nicht à la Jamie Oliver oder sonst jemand, der vielleicht guten Glaubens seine vegetarische Variante so nennt. Sondern wirklich alla Bolognese eben. Und – alla Bolognese meint, dass ich die Art der Zubereitung der Bolognese einhalte.
Also will ich wissen, wie diese Salsa Bolognese in Bologna wirklich zubereitet wird. In der Heimat der Salsa – der fruchtbaren Ebene Norditaliens – der Emilia Romagna.
Schon bald einmal geht es mir wie bei vielen Rezepten, deren Ursprung und Wurzeln ich bisher schon suchte: ich stehe mit vielen Fragen und vor allem – fassungslos da! Weil ich viele so genannte Bolognese-Rezepte finde – notabene als echt und original bezeichnet – die mit Milch oder Saurer Sahne zubereitet, mit viel Tomatenpüree oder Büchsentomaten drin und gerade mal 20-30 Minuten gegart – mit Spaghetti serviert werden.
Wenn du weisst, dass in Italien viel und lange gekocht wird, dann weisst du – das kann NICHT orginal sein! Da hat sich auf dem Weg von Bologna zu uns zu vieles verändert!
Vegetarische und vegane „Bolognese“-Varianten finde ich ebenfalls viele – inkl. der Variante mit den Linsen von Jamie Oliver. Kopfschütteln. DAS hat mit Italien, Bologna und „Bolognese“ nicht viel zu tun. So.
Es ist wirklich erstaunlich, dass die Königin der Pasta zum Einen zum Schweizer Kinderessen verkommen konnte. Denn das Bologneser Original ist ein kulinarisches Kunstwerk – und wird zudem niemals mit Spaghetti serviert. Wie konnte es denn überhaupt dazu kommen, dass man draussen in der Welt diese Speise mit Spaghetti serviert, obwohl diese Pasta doch gänzlich ungeeignet sei dafür. In Bologna wird dies gar als „Verbrechen“ bezeichnet! Und warum ist es dort draussen in der Welt eine Tomatensauce oder zu einem tomatenlastigen Sugo geworden, wo doch in Bologna höchstens ein Spritzer Tomatenpüree der Sauce beigegeben wird? Warum ist es dort draussen in der Welt eine Hackfleischsauce geworden, wo doch in Bologna von Hand gewürfeltes Rind- und Schweinefleisch verwendet wird?
Fragen über Fragen. Die Detailfrage: „Milch oder nicht?“ wird ganz klar mit „Nein“ beantwortet. Im alten originalen Rezept habe man sie gebraucht, um den scharfen bis sauren Geschmack des Tomatenkonzentrats aufzuweichen. Aha! Dieses Doppelkonzentrat wird heute gar nicht mehr verwendet. Ja, das kann ich gut verstehen. Wein? „Ganz wenig, um das Fleisch abzuschmecken.“ Käse? „Nur Parmigiano Reggiano!“.
Die Tagliatelle al Ragù, die „Bolognese“, ist ein Gericht, das die fruchtbare Gegend um „Emilia Romagna“ wunderbar reflektiert, wie es eben traditionelle Rezepte tun. Und – das Original heisst „Tagliatelle al Ragu Bolognese“ und wird schon mal 3 – 5 Stunden lang geschmort.
Sehr schnell wird mir auch klar: Eine vegetarische oder gar vegane Salsa alla Bolognese gibt es nicht! Traditionelle Gerichte sind mir heilig. In einer wirklich guten Osteria in Bologna, die seit Generationen von der gleichen Familie geführt wird, erhälst du einen Teller Tagliatelle, und du bohrst die Gabel in diese Tagliatelle al Ragù, und schafft es vielleicht, eine gefühlt meterlange „Nudel“ mitsamt zwei oder drei dicken Fleischstücken auf das Besteck zu rollen, alles zusammen in den Mund zu schieben, du schmeckst die teigig-eierige Weichheit der Nudel, den nach wildem Tier riechenden Geschmack der Sauce und wirst spätestens dann ins Grübeln geraten…
So entsteht eine wirkliche Bolognese
Die Zutaten: Zwiebel, Knoblauch, Sellerie, Karotten, Pancetta, Fleisch, Gewürze, Brühe, etwas Wein. Zubereitung: Die Zwiebel im Olivenöl anbraten, das kleingewürfelte Gemüse und Pancetta beigeben und köcheln lassen. Rind-, Schweinefleisch vom Hals von Hand in Würfel schneiden, beigeben, mitbraten. 2 TL Tomatenpüree und Bouillon dazugeben und dann 3 Stunden schmoren. Tagliatelle mit Ragù, eventuell mit Parmesan, servieren.
Es wird Tagliatelle serviert. Der Ragu ist Beilage…
Gemüse-Sugo à la Gertrud – MILCHfrei
Ich hatte Lust auf ein Gemüse-Sugo alla Bolognese. Ich nehme Abschied von „Bolognese“. Weil „Bolognese“ niemals vegetarisch ist. Ich entscheide mich jetzt für etwas ganz anderes. Und wie es schon im Originalrezept geschrieben steht, die „Bolognese“ war ursprünglich, wie viele traditionelle Gerichte, ein Arme-Leute-Essen. Es musste günstig sein und trotzdem satt machen. Und das ist in Bologna heute noch so. Bei mir habe ich jetzt verschiedene Gemüse, die ich verwerten will und deshalb passt diese Haltung perfekt:
So entsteht der Gemüse-Sugo à la Gertrud
Zutaten: Verschiedene Gemüse, die ich gerade vorrätig habe wie Blumenkohl, Lauch, Paprika, Karotten, Sellerie etc; Gewürze, Gemüsebouillon, Weisswein, frische Kräuter. Zubereitung: Gemüse in Würfel bzw. feine Scheiben schneiden oder in Röschen teilen. Zwiebel und Knoblauch grob hacken und in Olivenöl anbraten, Gemüsewürfel beigeben und lange dünsten lassen. Mit etwas Weisswein ablöschen, mit Gemüsebouillon auffüllen, ein frischer Rosmarin- und Thymianzweig sowie zwei Lorbeerblätter dazulegen. Diesen Sugo lasse ich auf kleinem Feuer ca. 60 Minuten schmoren.
Es wird Gemüse-Sugo serviert. Die Spaghetti sind Beilage…
Ich nehme mir vor, die wahre Tagliatelle al Ragu Bolognese wird nächstens zelebriert – MILCHfrei.
Wie hat es dir geschmeckt?

Ich wünsche Dir ganz viel Spass beim Nachkochen und einen guten Appetit! Wenn du Anregungen hast oder mir etwas mitteilen möchtest, dann schreibe gern einen Kommentar.
Ich freue mich darauf, von Dir zu hören!
Herzlich, Gertrud Keller
Super lecker ist es auch, wenn man Wallnüsse oder Sonnenblumenkerne klein hackt und mit in der Sauce, im Sugo mit köchelt.
Viele Grüße,
Jesse-Gabriel
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Da stimme ich dir absolut zu. Es kommt auch drauf an, was du gerade im Vorrat hast und vor allem geht es mir auch darum, dass es eine Möglichkeit darstellt, Resten zu verwerten, denen du die Restenverwertung nie und nimmer anmerkst. Aber das hat dann auch mit „Bolognese“ nichts zu tun…
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